In den vergangenen Jahren standen wenige Stoffe so im Fokus wie per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). PFAS bezeichnet eine Gruppe langlebiger, synthetischer Fluorcarbone, die persistent, bioakkumulativ und toxisch sind. Einige Schätzungen beziffern die Zahl der Einzelstoffe in der PFAS-Gruppe auf über 12.000.
Aufgrund ihrer extrem stabilen chemischen Bindungen zersetzen sich diese Stoffe im Laufe der Zeit nur schwer, was ihnen den Namen „Ewigkeitschemikalien“ eingebracht hat. Diese Stoffe bauen sich in der Umwelt nicht ab und reichern sich im Körper an – Studien zeigen, dass einige PFAS schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben könnten. Diese Chemikalien stehen möglicherweise im Zusammenhang mit:
- Einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenerkrankungen
- Erhöhten Blutcholesterinwerten
- Einer verringerten Wirkung von Impfstoffen
- Verminderter Fruchtbarkeit bei Frauen
- Einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck und Präeklampsie
- Einem geringeren Geburtsgewicht von Babys
Da PFAS extrem stabil sind und sich in der Umwelt anreichern, treten weltweit immer mehr Rechtsvorgaben in Kraft, die diese Stoffe regulieren; dazu zählen verschiedene nationale und subnationale Verpflichtungen in den USA und der EU.
Am Anfang bezogen sich die regulatorischen Vorgaben oft nur auf spezifische Substanzen (z.B. Perfluoroctansulfonsäure [PFOS] und Perfluoroctansäure [PFOA]), mittlerweile gelten die Berichtspflichten und eventuelle Einschränkungen aber zunehmend für die komplette Stoffgruppe. Da immer mehr dieser Regelwerke in den Startlöchern stehen ebenso wie verschiedene Sammelklagen gegen PFAS in Verbraucherprodukten, ist es für Hersteller wichtig zu verstehen, was für sie auf dem Spiel steht. Sie müssen wissen, wie sie ihr Risiko, den Marktzugang zu verlieren, minimieren können, sie müssen die Risiken für ihre Kunden verstehen und andere Auswirkungen auf das Unternehmen, einschließlich der Produktionsprozesse und Haftungsfragen.
Produkte mit PFAS
PFAS sorgen für zahlreiche wünschenswerte Materialeigenschaften. Sie werden oft eingesetzt, wenn Materialien und Produkte resistent gegen Wasser, Öl und Hitze sein sollen. Antihaftbeschichtete und schmutzabweisende Oberflächen basieren ebenfalls häufig auf PFAS. Die Anwendungsfälle für PFAS sind schier endlos – was auch der Grund für ihren häufigen Einsatz in verschiedensten Produkten ist. PFAS finden sich in Produkten wie:
- Fastfood-Verpackungen und -Papieren
- Pestiziden
- Zahnseide
- Kosmetika
- Wasserabweisende Bekleidung
- Möbel
- Antihaftbeschichtetes Kochgeschirr
- Löschschaum
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Regulatorische Vorgaben in den USA
TSCA
Im Juni 2021 schlug die U.S. EPA Abschnitt 8(a)(7) des Toxic Substances Control Act (TSCA) vor, der von Herstellern die Meldung der von ihnen ab dem Jahr 2011 eingesetzten PFAS erfordern würde und im Detail Angaben zu Anwendung, Mengen, Entsorgung, Belastung und Gefahren abfragt. Diese Anforderungen treffen auch auf importierte Materialien zu.
Diese Berichtspflicht ist zwar nach wie vor nur ein Vorschlag, zum Ende des Jahres 2022 wird allerdings das finale Regelwerk erwartet. Die EPA hat bisher mindestens 1.364 Stoffe und Stoffgemische aus der PFAS-Gruppe identifiziert, die unter die finale Regelung fallen könnten.
Es gibt im Hinblick auf die Berichtspflicht zudem keinerlei De-minimis-Regelung, die kleinere Unternehmen oder solche, die nur kleinere Mengen PFAS nutzen, ausnehmen würde.
Weitere regulatorische Vorgaben in den USA
Im August 2022 schlug die EPA vor, im Rahmen des Comprehensive Environmental Response, Compensation, and Liability Act (CERCLA), auch bekannt als „Superfund“, zwei Arten von PFAS als „gefährliche Stoffe“ einzustufen. Die EPA gab bekannt, dass sie die Einstufung von PFOA und PFOS als „gefährlich“ vorsieht, was zu neuen Berichtspflichten führen würde. Dies böte der EPA auch die Befugnis, verantwortliche Unternehmen zur Nachforschung zu zwingen ebenso wie zur Dekontamination oder zur Zahlung für die Sanierung betroffener Bereiche.
Für Unternehmen, die PFAS in ihrer Produktion oder ihren Produkten nutzen, kann das zu einer verschärften Haftungslage führen, dazu zählen auch Unternehmen, die diese Stoffe als Reinstoff oder in Produkten importieren (wird in der Vorlage spezifisch benannt). Weitere Listungen anderer PFAS, einschließlich Hexafluorpropylenoxid-Dimersäure (HFPO-DA, auch „GenX“ genannt) und Perfluorbutansulfonsäure (PFBS), werden in Zukunft erwartet.
Weitere regulatorische Vorgaben auf subnationaler Ebene
In über 30 Bundesstaaten der USA gibt es aktuell Vorschläge zu neuen rechtlichen Vorgaben für PFAS, darunter einige, die den Berichtspflichten nach TSCA stark ähneln. Einige Beispiele hierfür sind:
- Kalifornien: AB 2247 verpflichtet Hersteller zur jährlichen Übermittlung von Details zu PFAS-haltigen Produkten oder Komponenten an eine Datenbank, die im jeweils vergangenen Kalenderjahr in Kalifornien importiert oder dort verkauft wurden. Nach aktuellen Verhandlungen wurde die Frist zu der eine Compliance verpflichtend wird auf 2026 verschoben. Das Gesetz liegt jetzt dem Gouverneur zur Unterzeichnung vor. Es ist wenig verwunderlich, dass die separate California Proposition 65 ebenfalls bereits einige PFAS umfasst.
- Maine: Ab Januar 2023 sind Hersteller nach Title 38 §1614 verpflichtet, Produkte zu melden, denen beabsichtigt PFAS zugefügt wurden. Zudem verbietet das Gesetz den Verkauf bestimmter PFAS-haltiger Produkte.
- New Hampshire: HB 1589 verbietet den Verkauf von PFAS zur vorsätzlichen Anwendung für das Erreichen bestimmter Produktcharakteristika, einer bestimmten Optik oder für eine bestimmte Funktionalität. Dies gilt einschließlich aller Abbau- und Nebenprodukte von PFAS. Das Gesetz sieht auch Warnhinweise auf Produkten vor, die PFAS enthalten.
- Colorado: HB22-1345, das 2022 ratifiziert wurde, gibt einen Rechtsrahmen vor, um Daten zum Einsatz von PFAS in Produkten von den Herstellern zu erfassen. Außerdem sieht das Gesetz auch den Ausstieg aus der bewussten Verwendung von PFAS vor.
- Wisconsin: Der dortige Generalstaatsanwalt verklagt Unternehmen, die im Verdacht stehen, für eine Kontamination mit PFAS verantwortlich zu sein.
Regulatorische Vorgaben in Kanada
Kanada erwägt eine Ausweitung seiner Rechtsverordnung Prohibition of Certain Toxic Substances Regulations. Der aktuelle Gesetzesvorschlag sieht ein Verbot von Herstellung, Verkauf, Einsatz und Import von PFOS, PFOA und langkettigen Perfluorcarbonsäuren (LC-PFCAs) vor.
Regulatorische Vorgaben in der EU
REACH
Im Rahmen der REACH-Verordnung (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien) werden PFCAs ab Februar 2023 im Anhang XVII als beschränkte Stoffe aufgeführt. Eine Beschränkung wurde sowohl für Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS) als auch für Perfluorhexansäure (PFHxA) vorgeschlagen. Zudem wurde eine Beschränkung für alle PFAS, die in Feuerlöschschäumen verwendet werden vorgeschlagen.
Zwei Untergruppen von PFAS sind bereits auf der REACH-SVHC-Liste: GenX und PFBS. Aktuell erarbeiten fünf Länder gemeinsam einen weiteren Vorschlag zur Beschränkung einer ganzen Reihe von PFAS. Der Vorschlag wird im Januar 2023 erwartet.
Weitere regulatorische Vorgaben in der EU
- Das Stockholmer Übereinkommen umfasst seit 2009 PFOS. Aktuell regelt zudem die Verordnung der EU über persistente organische Schadstoffe (POPs-Verordnung) die Beschränkung. Es wird überlegt, PFHxS und PFCAs in das Stockholmer Übereinkommen aufzunehmen. Des Weiteren sind PFOA seit 2020 im Rahmen der POPs-Verordnung verboten.
- Die Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP) umfasst bereits mehrere PFAS, darunter PFOA, Ammoniumperfluoroctanoat (APFO), Perfluornonansäure (PFNA) und Perfluordecansäure (PFDA). Perfluorheptansäure (PFHpA) wird derzeit evaluiert.
- Die Trinkwasserverordnung legt für alle PFAS ein Limit von 0.5 μg/l fest.
Aktuelle Unternehmensrisiken
Aus den aktuellen rechtlichen Vorgaben zu PFAS und zukünftigen Entwicklungen ergeben sich für Hersteller diverse Risiken, darunter:
Operative Risiken
- Wenn einer der von Ihnen im Produktionsprozess eingesetzten Stoffe in den Geltungsbereich neuer regulatorischer Vorgaben gerät, kann das zu einem Investitionsbedarf für neue Ausrüstung führen.
- Aufgrund verfrüht eintretender Obsoleszenz von Materialien kann es zu Last-Time-Buys kommen.
- Verpflichtungen hinsichtlich der Sicherheit von Mitarbeitern und Transportlogistik können umfassender werden, wenn Stoffe zu „gefährlichen“ Stoffen deklariert werden.
Produktdesign
- Aktuelle und neue rechtliche Vorgaben können sich auf den Marktzugang für PFAS-haltige Produkte auswirken. Der Verkauf von Produkten, die heute vertrieben werden dürfen, kann zukünftig verboten sein.
- Die Obsoleszenz von PFAS-haltigen Materialien kann ein Redesign and eine erneute Qualifikation / Zertifizierung erfordern.
Berichtspflichten
- Viele Rechtsvorgaben verpflichten Hersteller zunehmend zur Meldung und Berichterstattung über die Stoffe, die sie in ihren Produkten und Prozessen verwenden oder deren Angabe gegenüber Kunden.
Potentielle Gefahren
- Versicherungsgesellschaften fragen mittlerweile bei Unternehmen nach deren Einsatz von PFAS in Betriebsabläufen oder deren Produkten. Hohe Kosten für die Sanierung kontaminierter Standorte können zukünftig auf die Hersteller zukommen.
So können Risiken minimiert werden
Die regulatorische Landschaft rund um PFAS entwickelt sich stetig weiter und umfasst immer mehr Chemikalien, daher ist es essentiell jetzt proaktiv tätig zu werden und nicht einfach abzuwarten. Hierfür stehen Ihnen verschiedene Ansätze zur Verfügung.
- Verstehen Sie die Daten, die Sie bereits haben. Mit diesen Daten an der Hand können Sie herausfinden, wo Ihre betrieblichen Risiken versteckt sind, wo Redesign und Berichtspflichten auf Sie zukommen könnten und welchen potentiellen Gefahren Sie unterliegen. Einige der am häufigsten beschränkten PFAS sind bereits Bestandteil regulatorischer Vorgaben – etwa von EU REACH, EU POPs und der California Proposition 65.
- Eruieren Sie, wo Sie weitere Daten benötigen. Finden Sie heraus, wo Sie blinde Flecken haben, oder in welchen Bereichen Sie weitere Informationen benötigen, um aktiv werden zu können. Es ist wichtig, dass Sie verstehen, wo häufige Verwendungszwecke von PFAS in Ihren Materialien und Produkten zu finden sind (z.B. für wasserdichte Materialien), damit Sie die Bereiche mit dem höchsten Risiko identifizieren und erkennen können, welche zusätzlichen Daten Sie benötigen.
- Verstehen Sie Ihre Berichtspflichten gemäß der neuen Rechtsvorgaben. Berichtspflichten nicht nachzukommen, kann oftmals zusätzliche Risiken darstellen, etwa hinsichtlich Strafzahlungen und dem Verlust des Marktzugangs. Nehmen Sie sich Zeit, um zu verstehen, welche Anforderungen in den Märkten gestellt werden, in denen Sie Ihre Produkte verkaufen. Denken Sie auch daran, wie die regulatorische Landschaft in Zukunft aussehen wird, damit Sie auf Ihre zukünftigen Berichtspflichten vorbereitet sind.
- Redesign, wo nötig. Es ist besser jetzt proaktiv ein Redesign anzugehen, als hektisch auf neue oder nachgebesserte Rechtsvorgaben zu reagieren. Wenn Materialien ausgetauscht werden, kann das andere Compliance-Verpflichtungen beeinflussen oder eine erneute Zertifizierung nötig machen.
- Planen Sie für die Zukunft voraus – mit allen PFAS. Da derart viele verschiedene Stoffe in die Kategorie PFAS fallen, ist es wichtig, dass Sie alle PFAS in Ihre Überlegungen für die Zukunft miteinbeziehen.
Assent macht das einfacher
Den Überblick über anstehende Gesetzesnovellen, weltweite regulatorische Anforderungen und die Feinheiten der Compliance zu behalten, übersteigt das Arbeitspensum einer einzelnen Person – es erfordert ein Team aus Fachexperten.
Sie können sich sicher sein, dass das Team aus regulatorischen Fachexperten und Nachhaltigkeitsexperten von Assent Ihnen die regulatorischen Einblicke bietet, die Sie benötigen, um Ihre Lieferketten bis ins Detail zu durchleuchten, um Ihren Marktzugang zu schützen und um auf dem aktuellsten Stand Ihrer regulatorischen Verpflichtungen zu sein.
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