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EU legt Entwürfe für Omnibus-Paket vor: Veränderungen und Erwartungen im Bereich Nachhaltigkeit in der EU

By Jamie Wallisch

Am 26. Februar veröffentlichte die Europäische Kommission die mit Spannung erwarteten Vorschläge für das Omnibus-Paket. Dabei geht es um die Optimierung von Sorgfaltspflichten im Nachhaltigkeitsbereich und bei Finanzberichtspflichten, wobei die Ziele des Green Deals nicht aus den Augen verloren werden sollen. Die Vorschläge umfassen Änderungen der CSRD (Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen), der CS3D (Corporate Sustainability Due Dilligence Directive), des CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) und der EU-Taxonomie.

Neben dem Paket wurde auch ein Entwurf zu einem delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie zur öffentlichen Diskussion vorgelegt. Die Europäische Kommission merkt an, dass die Entwürfe „EU-Vorgaben vereinfachen, die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und zusätzliche Investitionspotenziale generieren sollen.“ Betont wird, dass diese Veränderungen insgesamt „Einsparungen bei Verwaltungskosten in Höhe von etwa 6,3 Milliarden Euro bringen könnten, ebenso wie öffentliche und privatwirtschaftliche Investitionen von 50 Milliarden Euro zur Unterstützung politischer Prioritäten ermöglichen.“

Dieser Blog erklärt die in den Entwürfen vorgeschlagenen Veränderungen, und was Unternehmen heute schon tun sollten, um sich vorzubereiten.

Weniger Komplexität, geringere Kosten, gleiche Ziele

Unternehmen aus der ganzen EU beklagen den administrativen und finanziellen Aufwand, den die verschiedenen, sich überschneidenden Nachhaltigkeitsvorschriften verursachen. Viele Geschäftsführer – vor allem solche kleinerer und mittelgroßer Unternehmen (KMU) – sind der Ansicht, dass die verschiedenen Richtlinien verwirrend sind und zu hohen Compliance-Kosten führen.

Als Reaktion darauf hat es sich die Europäische Kommission zum Ziel gesetzt, die Verwaltungskosten für große Unternehmen um mindestens 25 % und für KMU um mindestens 35 % zu senken. Die verschiedenen Verordnungen in einer Omnibus-Verordnung zusammenzufassen, könnte den bürokratischen Aufwand eindämmen, die Compliance vereinfachen und die Umsetzung von EU-Zielen kosteneffektiver gestalten.

In diesen Bereichen soll es zu Änderungen kommen:

  • KMU und kleine Mid Caps sollen im Rahmen der Analyse der Wertschöpfungskette durch Großunternehmen weniger Informationen bereitstellen müssen.
  • Sorgfaltspflichten sollen vereinfacht und besser aufeinander abgestimmt werden.
  • Für die größten Unternehmen soll die Frist zur Umsetzung der Sorgfaltspflichten im Nachhaltigkeitsbereich um ein Jahr verschoben werden (auf den 26. Juli 2028); dabei sollen die offiziellen Richtlinien ein Jahr früher (im Juli 2026) herausgegeben werden, damit ausreichend Zeit zur Vorbereitung bleibt.

Nachfolgend schauen wir uns die einzelnen Änderungen für jede Verordnung genauer an.

Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (2023)

  • Einschränkung des Anwendungsbereichs: Die Berichtspflichten sollen sich nur auf große Unternehmen erstrecken, die mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigen und entweder einen Umsatz über 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro aufweisen. Das bedeutet, dass die Anzahl der betroffenen Unternehmen um etwa 80 % reduziert wird. Der neue Anwendungsbereich soll sich genauer an den zentralen Grenzwerten der CS3D ausrichten.
  • Eine Obergrenze in der Wertschöpfungskette: Für Unternehmen, die nicht mehr in den Geltungsbereich der CSRD fallen, will die Europäische Kommission per delegiertem Akt einen freiwilligen Berichtsstandard herausgeben, der auf dem Standard für KMU (VSME) aufbaut, der von der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) entwickelt wurde. Der Standard soll als Schutzschild fungieren, indem eingeschränkt wird, welche Informationen betroffene Unternehmen oder Banken von Organisationen in ihrer Wertschöpfungskette verlangen können, die weniger als 1.000 Mitarbeitende beschäftigen.
  • Änderungen an den ESRS (European Sustainability Reporting Standards): Die Europäische Kommission will den delegierten Akt, der Grundlage des ESRS ist, überarbeiten. Ziel ist, die Anzahl der geforderten Datenpunkte substanziell zu verringern. Zudem sollen vage Bestimmungen nachgeschärft und die Konsistenz mit anderen Rechtsvorgaben verbessert werden.
  • Abschaffung sektorspezifischer Vorgaben: Der Entwurf sieht vor, der Europäischen Kommission die Fähigkeit zu entziehen, sektorspezifische Standards festzulegen.
  • Abschaffung des „Reasonable Assurance“ Standards: Das bedeutet, die Europäische Kommission kann die bestehenden „Limited Assurance“-Verpflichtungen (einer weniger strengen Form der Auditierung) nicht mehr zu „Reasonable Assurance“ ändern, was eine vertiefte und kostenintensivere Prüfung bedeuten würde.
  • Verschieben von Berichtspflichten: Das aktuelle Paket sieht eine zeitliche Verschiebung der Berichtspflichten für große Unternehmen und gelistete KMU (Phasen zwei und drei) um zwei Jahre vor, um involvierten Gesetzgebern die Zeit zu geben, mit den umfassenden Änderungsvorschlägen der Europäischen Kommission übereinzukommen.

Corporate Sustainability Due Diligence Directive (2024)

  •  Verschiebung um der Umsetzungsfrist ein Jahr auf den 26. Juli 2027: Die erste Phase der Anwendung der Sorgfaltspflichten, die sich auf die größten Unternehmen bezieht, wurde ebenfalls auf den 26. Juli 2028 verschoben. Unterdessen werden die Leitlinien der Kommission auf Juli 2026 vorgezogen, sodass Unternehmen Zeit für die Einrichtung von Best Practices haben, und ihre Abhängigkeit von Rechtsberatungen und Consulting-Leistungen verringern können.
  • Abschaffung der Verpflichtung zur detaillierten Analyse negativer Auswirkungen auf Ebene indirekter Geschäftspartner, wie sie oft in komplexen Wertschöpfungsketten auftreten (können). Umfassende Sorgfaltspflichten mit Blick auf die Wertschöpfungskette jenseits direkter Geschäftspartner werden nur auferlegt, wenn Unternehmen Kenntnisse davon haben, dass negative Auswirkungen aufgetreten sind oder auftreten könnten.
  • Vereinfachung anderer Aspekte der Sorgfaltspflichten, um unnötige Komplexität und Kosten für große Unternehmen zu vermeiden. Dazu zählt die Verlängerung des Intervalls zwischen den regelmäßigen Prüfungen von einem Jahr auf fünf. Es wird auch klargestellt, dass Unternehmen die Maßnahmen überprüfen müssen, die sie zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten ergriffen haben. Sollte Anlass zur Vermutung bestehen, dass die Maßnahmen nicht mehr angemessen oder effektiv sind, ist eine Aktualisierung erforderlich. Zudem werden die Verpflichtungen zur Einbindung von Stakeholdern angeglichen und die Pflicht zur Beendigung der Geschäftsbeziehung als letztes Mittel abgeschafft.
  • Reduzierung des Trickle-Down-Effekts durch die Eingrenzung der Informationen, die Unternehmen im Geltungsbereich von KMU und kleinen Mid Caps (Unternehmen mit maximal 500 Mitarbeitenden) anfordern dürfen. Hier erfolgt eine Angleichung an die Vorgaben der freiwilligen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der CSRD (dem VSME). Diese Beschränkung gilt, es sei denn, es werden zusätzliche Informationen für die Analyse benötigt (etwa, um Auswirkungen zu bewerten, die nicht von den Standards erfasst werden), die auf andere Art und Weise nicht zu beschaffen sind.
  • Vorrang nationaler zivilrechtlicher Haftungsvorgaben: Im Rahmen dieser Änderungen wird es in der EU keine einheitlichen Regeln für die zivilrechtliche Haftung mehr geben. Jedes Mitgliedsland kann eigene Standards festlegen und entscheiden, ob die eigenen Gesetze vor denen des Landes, in dem der Schaden aufgetreten ist, Vorrang haben. Der Entwurf streicht auch die EU-weite Verpflichtung, dass Mitgliedsstaaten, Gewerkschaften, oder NGOs das Recht auf Verbandsklagen einräumen müssen. Dieser Punkt ist jetzt nationalem Recht überlassen.
  • Angleichung der Verpflichtungen im Rahmen der Umsetzung der Transitionspläne zum Klimaschutz an die CSRD.
  • Erweiterte Maximalharmonisierung, die zusätzliche Bestimmungen umfasst, damit die inhomogene Vorgabenlandschaft in der EU bei zentralen Sorgfaltspflichten vereinheitlicht wird.
  • Streichung der Überprüfungsklausel zur Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichtenrichtlinie.

CBAM (2023)

  • Ausnahme kleiner Importeure (vor allem KMU und Einzelpersonen) von den Verpflichtungen des CBAM. Dabei geht es um Rechtsträger, die kleine Mengen CBAM-relevanter Güter aus Drittländern in die EU importieren. Dafür wird ein neuer jährlicher CBAM-Grenzwert in Höhe von 50 Tonnen pro Importeur eingeführt. Hierdurch werden etwa 182.000 bzw. 90 % der Importeure (überwiegend KMU) von entsprechenden Verpflichtungen befreit, wobei jedoch nach wie vor 99 % aller betroffenen Emissionen abgedeckt werden.
  • Vereinfachung der Regeln zur Autorisierung von CBAM-Anmeldern und von CBAM-Verpflichtungen, darunter die Berechnung von eingebetteten Emissionen und Berichtspflichten.
  • Langfristige Verbesserung der Effektivität von CBAM durch die Stärkung der Vorgaben, um eine Umgehung oder Missbrauch zu verhindern.
  • Es ist damit zu rechnen, dass CBAM in Zukunft auf weitere ETS-Sektoren und nachgelagerte Waren ausgedehnt wird, gefolgt von einem Entwurf zur Erweiterung des Geltungsbereiches von CBAM Anfang 2026.

EU-Taxonomie (2020)

Für Unternehmen, die letztendlich im Anwendungsbereich der CSRD liegen werden (große Unternehmen mit mehr als 1.000  Mitarbeitenden) und einen Umsatz von bis zu 450 Millionen Euro verzeichnen, sieht der Omnibus-Entwurf eine freiwillige Berichtspflicht zur Taxonomie vor.

Unternehmen, die bereits Fortschritte bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele gemacht haben, aber nur bestimmte Verpflichtungen der EU-Taxonomie erfüllen, können sich zu einer freiwilligen Berichterstattung über ihre teilweise Taxonomie-Konformität entscheiden.

Die Europäische Kommission veröffentlicht außerdem zur Konsultation Änderungsentwürfe zum Taxonomy Disclosures Delegated Act und zu den Taxonomy Climate and Environmental Delegated Acts, die:

  • Berichtsvorlagen vereinfachen, sodass fast 70 % der Datenpunkte entfallen.
  • Unternehmen davon befreien, die Taxonomie wirtschaftlicher Aktivitäten zu bewerten, die für ihr Unternehmen finanziell nicht von wesentlicher Bedeutung sind (z. B. Aktivitäten, die weniger als 10 % des Gesamtumsatz, Kapitaleinsatz oder der Bilanzsumme ausmachen).

Außerdem schlägt die Europäische Kommission Änderungen der wichtigsten Kennzahlen vor, die von Finanzinstitutionen angewendet werden, insbesondere das Green Asset Ratio (GAR) von Banken. Im veröffentlichten Text steht, dass Banken Unternehmen aus der Berechnung des GAR ausschließen können, wenn diese zukünftig nicht im Anwendungsbereich der CSRD liegen (also Unternehmen, die keine großen Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden sind).

Die Europäische Kommission wünscht auch Feedback zu zwei Alternativen, mithilfe derer die komplexesten Kriterien im Hinblick auf die Vorgabe „do no significant harm“ vereinfacht werden sollen, die bei der Verhinderung von und dem Umgang mit Umweltverschmutzung in allen Industriezweigen zum Tragen kommt. Im Rahmen der öffentlichen Beratung sind Stakeholder dazu aufgerufen, zu beiden Alternativen Rückmeldung zu geben.

Nächste Schritte

Die Entwürfe werden jetzt dem Europäischen Parlament und dem Rat zu Beratung und Beschluss vorgelegt. Die Änderungen von CSRF, CS3D und CBAM werden rechtskräftig, wenn die Mitgesetzgeber bei den Entwürfen eine Übereinkunft erzielen und der Beschluss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Der Entwurf des delegierten Rechtsakts zur Änderung der derzeitigen delegierten Rechtsakte im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung wird nach öffentlicher Konsultation durch das Europäische Parlament verabschiedet und tritt nach Ablauf der Prüfungsfrist in Kraft.

Ein Blick in die Zukunft: Auswirkungen auf Unternehmen

  • Die bestehenden Nachhaltigkeitsbemühungen müssen erhalten bleiben
    Trotz des Omnibus-Pakets, sollten Unternehmen weiterhin belastbare Compliance-Programme entwickeln. Die grundsätzlichen Verpflichtungen – Nachhaltigkeitsberichterstattung, Sorgfaltspflichten und Einhaltung der Taxonomie-Vorgaben – bleiben bestehen. Sie werden nur zusammengelegt. Für Unternehmen in der Wertschöpfungskette und solche, die nach wie vor im Geltungsbereich liegen, ist es essenziell, die strategischen Komponenten ihrer Nachhaltigkeitsprogramm weiter zu verfolgen, darunter die Doppelte Wesentlichkeitsprüfung sowie Schwachstellenanalysen.

    • Unternehmen, die nicht im Geltungsbereich liegen (>1.000 Mitarbeitende) haben aber ebenfalls Pflichten: Die freiwilligen VSME-Standards werden ein delegierter Rechtsakt für Unternehmen außerhalb des Geltungsbereiches, um großen Unternehmen, die von den CSRD-Verpflichtungen betroffen sind, den Zugang zu Nachhaltigkeitsinformationen zu ermöglichen. Die freiwilligen VSME-Standards sind ein Schutzschild bzw. ein „Stoppschild in der Wertschöpfungskette“ für Unternehmen außerhalb des Geltungsbereiches. Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD dürfen keine Informationen von nicht betroffenen Unternehmen (darunter KMU und kleine Mid Caps) in ihrer Wertschöpfungskette verlangen, die über das hinausgehen, was in den freiwilligen VSME-Standards vorgesehen ist. ABER Unternehmen müssen die Anforderungen der VSME nach wie vor erfüllen.
  • Sie müssen sich auf eine neue regulatorische Landschaft vorbereiten
    Indem Sie mit Ihren Nachhaltigkeitsprozessen fortfahren, positionieren Sie Ihr Unternehmen proaktiv so, dass Sie auf alle Eventualitäten vorbereitet sind, egal welche Änderungen letztendlich in Kraft treten.
  • Sie müssen mit politischen Entscheidungsträgern in Kontakt bleiben
    Unternehmen haben die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Durch die aktive Teilnahme an Beratungen oder Branchenvereinigungen können Unternehmen an der Ausarbeitung wichtiger Details der neuen Vorgaben mitwirken, darunter gestaffelte Fristen, branchenspezifische Standards und Ansätze zur Umsetzung.
  • Lesen Sie die FAQ der Europäischen Kommission
    Seien Sie sich im Klaren darüber, wie lang es dauern kann, bis die Omnibus-Verordnung angepasst und in nationales Recht umgesetzt ist.

Ihre nächsten Schritte

Die Omnibus-Initiative der Europäischen Kommission stellt für Unternehmen sowohl eine Unsicherheit als auch eine Chance dar. Aktuell sind Unternehmen am besten damit beraten, das Nachhaltigkeitsmanagement in der Lieferkette weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen. So sind Sie bestens vorbereitet, egal wie sich die finale Omnibus-Verordnung darstellen wird.

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Jamie Wallisch | Expertin für Recht und Nachhaltigkeit, ESG und nachhaltiges Sourcing

Jamie unterstützt die Kunden von Assent bei der proaktiven Analyse ihrer Lieferkette, um Probleme mit der Nachhaltigkeit aufzuspüren. Sie führt erweiterte Zulieferer-Screenings durch, auf deren Basis sie Empfehlungen für regulatorische Compliance im ESG-Bereich ausspricht. Ihre tiefgreifende praktische Erfahrung im Bereich verantwortungsvoller Beschaffung umfasst auch die enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium der USA. Diese Erfahrungen nutzt sie, um Einblicke in ESG-Themen wie Menschen- und Arbeitsrecht, Klimaauswirkungen, ethische Bedenken, verantwortungsvolle Beschaffung und Handelstrends zu geben. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für Assent besuchte sie sogar selbst die Demokratische Republik Kongo, um zu verstehen, welche Auswirkungen die dortigen Bedingungen auf Kunden haben. Jamie war Finalistin des Next Generation Leadership Award des Manufacturing Leadership Council und ist stellvertretende Vorsitzende der Social Responsibility Alliance für das Jahr 2024.

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